„Wenn du am Spieltag beerdigt wirst, kann ich leider nicht kommen“, heißt eines der Fußballbücher von Christoph Biermann. So weit würde ich nicht gehen, aber es gibt nicht wenige frohe oder traurige Ereignisse in meinem Leben, die mit der Eintracht verknüpft sind. Und es gibt eine Reihe von Geburstags- oder sonstigen Ehrentagen, die im Laufe der Jahre der Eintracht zum Opfer gefallen sind. Auch heute ist ein Spieltag, der erste Spieltag einer – wie ich jedes Jahr aufs Neue fest annehme – für die Eintracht glorreichen Saison, und es jährt sich ein Geburtstag, an den ich – bevor es losgeht – kurz erinnern möchte.
Flashback. Es ist jetzt gut drei Jahre her, dass in einem Mainzer Programmkino ein Dokumentarfilm lief, der das Leben von Joe Strummer nachzeichnet: „The Future is unwritten“ – Freunde von Joe Strummer sitzen um ein Lagerfeuer und erinnern sich. Ein wilder, poetischer Mix aus Rückblenden, Gesprächen, Dokumentarszenen, Originalaufnahmen, Clips, Zeichentrick, Bildercollagen und Musik. Heute ist der letzte Tag, an dem der Film hier in Mainz läuft – nur zu einer Uhrzeit, abends um sieben -, wir sind spät dran, hecheln zum Kino, erwarten einen gewissen Andrang – aber vor dem Kino ist: Nichts. Huch, haben wir uns vertan? Nein, alles richtig – 19 Uhr soll es losgehen. Aber außer uns ist halt einfach niemand da. Strange. „Zeigt ihr den Film trotzdem….?“ „Ja, klar.“ Und so kaufen wir bei dem Alt-Freak im Kassenhäuschen unsere Tickets, stapfen durch das abgeschubbste Treppenhaus – kein Mensch nirgends - linsen ins Parkett – leer, in den Rang – leer – Wahnsinn, ein ganzes riesiges, altmodisches Kino nur für uns. Fast ein bisschen unheimlich. Hammer. Ein Hauch von Käutner und König Ludwig umweht uns. Wir überlegen, wo wir uns hinsetzen - Platz genug ist ja - und entscheiden uns für den zweiten Rang – einen erhöhten Logenplatz mit nur vier, fünf Reihen plüschiger Klappsessel.
Auf der Leinwand flimmert schon die Werbung als sich die Seitentür zu unserer Loge öffnet. Der Kartenverkäufer tritt ein. Er möchte unsere Karten kontrollieren. Mir klappt das Kinn herunter. Der will uns auf den Arm nehmen, oder? Wir sitzen in einem leeren Kino, wollen uns einen Film über Punk ansehen – der Herr inszeniert hier einen guten Gag?!! Aber nein: Tatsächlich. Er meint es ernst, weist uns darauf hin, dass unsere Karten nur für das Parkett und den ersten Rang gelten und wir – falls wir hier sitzen bleiben wollen – je einen Euro nachzahlen müssen. Inzwischen werde ich von einem unterdrückten Lachkrampf geschüttelt. Mein Mit-Adler bleibt ernst, kramt in seiner Hosentasche. „Na, das können wir dann ja gerne tun...“ „Eigentlich müssen Sie nochmal mit runter an die Kasse kommen, aber wir können das ausnahmsweise auch hier regeln...“ „Ach wirklich? Das ist ja großartig!“ Und dann geht der Film auch schon los. Nur für uns. Musik, Bilderflut. London is calling. Das ist zunächst befremdlich – und wird zunehmend wie ein Sog. Die Merkwürdigkeit der Umstände und der Film treten in Korrespondenz. Überwältigend, unwirklich, anrührend. Irgendwann ist da nichts mehr zwischen uns und der Leinwand, da ist nur noch Musik, da sind die Bilder eines Lebens - und da sind wir. Die Welt da draußen, die gibt es nicht mehr.
Bis zum letzten Namen des Abspanns bleiben wir in unseren Plüschsesseln sitzen, halten uns an den Händen. Dann taucht alllmählich wieder die Wirklichkeit auf. Wir tappern durchs Treppenhaus nach unten. Taumelig. Durstig. Im Foyer des Kinos erwartet uns bereits der Kartenabreißer. Wir verlassen das Kino – er schließt die Tür hinter uns ab.
Joe Strummer war in den 70ern Teil der Londoner Polit-,Country-, Folk-, Punk- und Kunstszene, Mitbegründer, Sänger und Frontman von The Clash. Er trennte sich von der Band, spielte kurzzeitig bei den Pogues, gründete Ende der 90er wieder eine eigene Band – die Mescaleros. Joe Strummer hatte einen Herzfehler, von dem nur wenige wussten. Völlig überraschend starb er vor 8 Jahren, er wurde nur 50 Jahre alt. „A great man and a great musician.” (Johnny Cash)
Flashback. Es ist jetzt gut drei Jahre her, dass in einem Mainzer Programmkino ein Dokumentarfilm lief, der das Leben von Joe Strummer nachzeichnet: „The Future is unwritten“ – Freunde von Joe Strummer sitzen um ein Lagerfeuer und erinnern sich. Ein wilder, poetischer Mix aus Rückblenden, Gesprächen, Dokumentarszenen, Originalaufnahmen, Clips, Zeichentrick, Bildercollagen und Musik. Heute ist der letzte Tag, an dem der Film hier in Mainz läuft – nur zu einer Uhrzeit, abends um sieben -, wir sind spät dran, hecheln zum Kino, erwarten einen gewissen Andrang – aber vor dem Kino ist: Nichts. Huch, haben wir uns vertan? Nein, alles richtig – 19 Uhr soll es losgehen. Aber außer uns ist halt einfach niemand da. Strange. „Zeigt ihr den Film trotzdem….?“ „Ja, klar.“ Und so kaufen wir bei dem Alt-Freak im Kassenhäuschen unsere Tickets, stapfen durch das abgeschubbste Treppenhaus – kein Mensch nirgends - linsen ins Parkett – leer, in den Rang – leer – Wahnsinn, ein ganzes riesiges, altmodisches Kino nur für uns. Fast ein bisschen unheimlich. Hammer. Ein Hauch von Käutner und König Ludwig umweht uns. Wir überlegen, wo wir uns hinsetzen - Platz genug ist ja - und entscheiden uns für den zweiten Rang – einen erhöhten Logenplatz mit nur vier, fünf Reihen plüschiger Klappsessel.
Auf der Leinwand flimmert schon die Werbung als sich die Seitentür zu unserer Loge öffnet. Der Kartenverkäufer tritt ein. Er möchte unsere Karten kontrollieren. Mir klappt das Kinn herunter. Der will uns auf den Arm nehmen, oder? Wir sitzen in einem leeren Kino, wollen uns einen Film über Punk ansehen – der Herr inszeniert hier einen guten Gag?!! Aber nein: Tatsächlich. Er meint es ernst, weist uns darauf hin, dass unsere Karten nur für das Parkett und den ersten Rang gelten und wir – falls wir hier sitzen bleiben wollen – je einen Euro nachzahlen müssen. Inzwischen werde ich von einem unterdrückten Lachkrampf geschüttelt. Mein Mit-Adler bleibt ernst, kramt in seiner Hosentasche. „Na, das können wir dann ja gerne tun...“ „Eigentlich müssen Sie nochmal mit runter an die Kasse kommen, aber wir können das ausnahmsweise auch hier regeln...“ „Ach wirklich? Das ist ja großartig!“ Und dann geht der Film auch schon los. Nur für uns. Musik, Bilderflut. London is calling. Das ist zunächst befremdlich – und wird zunehmend wie ein Sog. Die Merkwürdigkeit der Umstände und der Film treten in Korrespondenz. Überwältigend, unwirklich, anrührend. Irgendwann ist da nichts mehr zwischen uns und der Leinwand, da ist nur noch Musik, da sind die Bilder eines Lebens - und da sind wir. Die Welt da draußen, die gibt es nicht mehr.
Bis zum letzten Namen des Abspanns bleiben wir in unseren Plüschsesseln sitzen, halten uns an den Händen. Dann taucht alllmählich wieder die Wirklichkeit auf. Wir tappern durchs Treppenhaus nach unten. Taumelig. Durstig. Im Foyer des Kinos erwartet uns bereits der Kartenabreißer. Wir verlassen das Kino – er schließt die Tür hinter uns ab.
Joe Strummer war in den 70ern Teil der Londoner Polit-,Country-, Folk-, Punk- und Kunstszene, Mitbegründer, Sänger und Frontman von The Clash. Er trennte sich von der Band, spielte kurzzeitig bei den Pogues, gründete Ende der 90er wieder eine eigene Band – die Mescaleros. Joe Strummer hatte einen Herzfehler, von dem nur wenige wussten. Völlig überraschend starb er vor 8 Jahren, er wurde nur 50 Jahre alt. „A great man and a great musician.” (Johnny Cash)
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